Gottfried Benn
Szenische Lesung
Bernd P. R. Winter: Rezitator Kassel
Ein Gottfried Benn Abend
„Gottfried Benn war der geborene Einzelgänger, illusionslos und zynisch. Geniales Scheusal, begnadeter Widerling, nächtens nach weiblicher Beute schnappender Lurch. Der Dr. med. Gottfried Benn war all dies und noch viel mehr“, liest man in eine seiner Biographien: „Er sei mondäner Weltenrüttler, genießender Lebensverächter, hochmütiger Melancholiker – und er schreibe so schöne Gedichte, wie sie kaum einer der deutschen Sprache abgerungen habe“.
Weil Benn vorübergehend in den Bannkreis der Nationalsozialisten geriet, ist er manchen Kulturkritikern bis heute suspekt. Doch seine Lyrik, die von den Nazis schließlich als „entartet“ gebrandmarkt wurde, ist keiner künstlerischen Strömung und keiner Partei verpflichtet.
Sich selbst hat Gottfried Benn, dem Büchner-Preisträger von 1951, einmal so charakterisiert: „Fünfzehn Jahre lang von den Nazis als Schwein, von den Kommunisten als Trottel, von den Demokraten als geistig Prostituierter, von den Emigranten als Renegat, von den Religiösen als pathologischer Nihilist bezeichnet“.
Gottfried Benn war ein Sonderfall, einer der wenigen, die nach 1949 über ihre Vergangenheit diskutierten.
Die Nachricht an alle die heute Benn hören und lesen muß heißen:
Werft eure Vorurteile über Bord, vergeßt den zeitweilig konservativen Parteigänger der Nazis, entdeckt hinter der zynischen Provokation das Einzigartige, das Genie eines Menschen, der alle literarischen Sprechweisen beherrschte, der den literarischen Rausch gegen die spießige Normalität seines Alltagslebens setzte.
Die meisten seiner Gedichte, aber auch seine Prosa und seine Essays, sind ohne seine Tätigkeit als Arzt kaum zu denken und direkter Ausdruck seiner Sicht durch das Mikroskop des Arztes. Ob Demontage, Destruktion oder Montage, Kombination von antiken Mythen mit medizinischen Begriffen oder philosophischen Thesen mit Gossen-Jargon, all das findet sich bei Benn und macht das Lesen seiner Gedichte und Aufsätze auch heute noch zu einem ungemein lohnenden geistigen Abenteuer.“
„Bloß keine Wärme“. Freuen Sie sich auf einen lyrisch-musikalischen Gottfried Benn Abend mit dem Kasseler Rezitator Bernd P. R. Winter.
Wolfgang Emmerich Gottfried Benn